Die Trotzphase: Freche Früchtchen testen ihre Grenzen

Endlich! Lasst die Korken knallen! Nach 3-Monats-Kolik, stündlichem Stillen und der verdammten Zahnerei hat man es schließlich geschafft: Das Kind schläft durch, kann laufen und sprechen, ist mehr oder weniger beschwerdefrei und ein richtiger, kleiner Sonnenschein. Doch am strahlend blauen Himmel dieses Eltern-Paradieses ziehen rabenschwarze Wolken auf. Der Grund? Das Kleine feiert seinen zweiten Geburtstag!

Schon Sokrates kannte das Problem mit den kleinen Trotzköpfchen: „Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer.“ Das Ganze ist also wahrlich kein Ärgernis unserer Zeit. Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr ist es bei jedem Kind soweit – die Trotzphase – auch Autonomiephase genannt – wird eingeläutet und damit die Bedeutung des Wörtchens "nein" entdeckt. Dieses wird fortan auch kräftig getestet, zusammen mit der eigenen Stimme und ihres Volumens.

 

Regulationsstörungen

Der Hauptgrund für das Wüten ist, dass die kleinen Wonneproppen ihre Gefühle noch nicht regulieren können. Sie entdecken zwar ihr eigenes Köpfchen, rennen damit aber zielgerichtet gegen die Wand. Ihnen fehlen sowohl Gangschaltung, als auch Bremse. Dafür brauchen die Trotzköpfe nach wie vor Mama und Papa, die ihnen die Welt ihrer Gefühle schonend beibringen, erklären und die vor allem eins mitbringen – ganz viel Geduld.

Wenn das Trotzköpfchen anfängt zu toben, helfen keine verbalen Zurechtweisungen. Diese kommen in dem Moment gar nicht erst an. Besser ist es für Ablenkung zu sorgen um dem Böckchen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein einfaches: „Guck mal ein Eichhörnchen!“ oder beispielsweise lautstarkes Singen helfen hier tausendmal besser als wohlkonstruierte Satzgeflechte, die das Kind zum Schweigen auffordern.

Wichtig ist es bei einem Trotzanfall seines Kindes ruhig und sachlich zu bleiben aber dennoch konsequent. Grenzen müssen aufrechterhalten werden. Zum Nachgeben, nur damit der Wüterich wieder ein süßer Sonnenschein wird, ist jetzt definitiv die falsche Zeit. Denn dann würde Trotzi lernen, dass ihm das Wüten zum Sieg verhilft und man hätte seinen Trotz auch noch belohnt.

 

Das Böckchen zum Thema machen

Ist der Sturm vorüber, kann er gerne thematisiert werden. Hier helfen dann auch die eben noch sinnlosen verbalen Äußerungen, sofern sie wohlüberlegt sind. Denn das Ganze muss auf Augenhöhe mit dem Knirps passieren. Das Kind muss sich ernst genommen fühlen. Eine gute Möglichkeit dafür ist es, den Trotz an sich zu personalisieren: "War wieder dieses wütende Zicklein da? Na, zum Glück ist es jetzt weg." Dadurch wird das Trotzköpfchen mit seinen Gefühlen angenommen und nur die Art und Weise, wie es diese äußert, wird bemängelt. Schimpfen die Eltern das Kleine dagegen direkt aus, wird die Person des Kindes kritisiert.

Auch gute Vorbereitung und vorausschauendes Handeln hilft dabei, den Zorn gar nicht erst aufflammen zu lassen. Wenn man weiß, dass das Einkaufen mit Trotzköpfchen zum Desaster wird, sobald man das Süßigkeitenregal erreicht hat, geht man eben den Umweg über die Getränkeabteilung, um gar nicht erst zu den Naschereien zu gelangen und vermeidet so die Auseinandersetzung über die Menge der zu konsumierenden zuckrigen Lebensmittel. Oder wenn das Anziehen morgens regelmäßig zur Geduldsprobe wird, plant man einfach schon vorher etwas mehr Zeit dafür ein und gestaltet das Ganze dadurch wesentlich stressfreier.

 

Unterstützung

Die Trotzphase ist grundsätzlich für alle Eltern eine Herausforderung. Je nach Temperament des Kindes und anderen Begleitumständen stoßen manche schnell an ihre Grenzen. Für Eltern, die Hilfe benötigen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel in Form von Online- oder telefonischen Beratungsstellen. Eine davon ist die „Nummer gegen Kummer“, die nicht nur Kinder und Jugendliche berät, sondern auch Eltern. Unter der Telefonnummer 0800-1110550 erhält man Unterstützung und kann über seine alltäglichen Sorgen, Ängste oder Unsicherheiten im Umgang mit seinen Kindern sprechen.