Kinderseele in Not – Wenn Eltern psychisch krank sind

Aus Angst oder Scham halten viele Menschen ihre seelischen Probleme geheim und belasten damit nicht nur sich selbst umso mehr, sondern oft auch diejenigen, die ihnen am nächsten stehen: Partner, Freunde und vor allem auch ihre Kinder.

Depressionen, Schizophrenie, Persönlichkeits- oder Zwangsstörungen – Psychische Erkrankungen haben viele Gesichter. Etwa zwei bis drei Millionen Kinder in Deutschland haben mindestens einen Elternteil, der unter einer solchen psychischen Krankheit leidet. Die Eltern von gut 500.000 Kindern weisen sogar eine schwere psychische Störung auf. Über das Leiden der Patienten werden oft deren Kinder vergessen und erst dann behandelt, wenn sie selbst deutliche Anzeichen für eine psychische Störung aufweisen.
Aber wie kann die Familie verhindern, dass psychische Probleme eines Familienangehörigen zu einer enormen Belastung für das Familienleben und somit auch für die Kinder werden?

 

Was kann die Familie tun?

Kommunikation innerhalb der Familie ist besonders wichtig, denn Kinder nehmen die Krankheit eines Elternteils und die angespannte Situation in der Familie meist anders wahr als Erwachsene.



Wir haben dir hier 10 Tipps für den Umgang mit Kindern eines psychisch kranken Elternteils aufgeführt:

 

  1. Erkläre, was los ist.
    Dein Kind merkt, dass etwas nicht stimmt. Deshalb erklär ihm, was genau los ist. Du kannst selber damit beginnen oder warten, bis dein Kind fragt. Manche Kinder möchten sich nicht zu einem richtigen Gespräch hinsetzen. Sie reden lieber beim Abwaschen oder beim Ins-Bett-gehen. Dann fühlen sie sich wohler.
     
  2. Sei ehrlich.
    Erklär mit eigenen Worten, was dich beschäftigt. Und frag zur Sicherheit nach, ob dein Kind dich verstanden hat. Vielleicht stellt dein Kind Fragen, auf die du keine Antwort hast. "Ich weiß es nicht", kann dann die ehrlichste Antwort sein.
     
  3. Hör deinem Kind zu.
    Wenn du deinem Kind erklärst, was los ist, frag auch ab und zu nach seinen Eindrücken und seiner Meinung. Und hör dann genau hin. Kinder fühlen sich wohler, wenn man ihnen gut zuhört und versteht, was sie sagen wollen. Mit Kindern sprechen heißt vor allem: ihnen zuhören.
     
  4. Beobachte dein Kind.
    Kinder zeigen oft durch ihr Verhalten, wie es ihnen geht. Wenn sie sich auffällig benehmen, kann das ein Zeichen dafür sein, dass sie durch etwas belastet sind: Wieder einnässen, die Schule schwänzen oder von zu Hause weglaufen - das sind deutliche Signale. Manchmal sind die Veränderungen aber nicht so offensichtlich. Das bedeutet, dass du genau auf dein Kind achten musst, um auch unscheinbare Veränderungen in seinem Verhalten feststellen zu können.
     
  5. Halte an vertrauten Gewohnheiten fest.
    Für Kinder bedeutet Regelmäßigkeit Ruhe und Sicherheit. Wenn in der Familie Probleme auftreten, kann dem Kind ein Gefühl von Sicherheit vermittelt werden, wenn gewisse Dinge wie gewohnt weitergehen: wenn es z.B. wie immer seine Hausaufgaben machen muss, weiterhin im Sportclub mitturnen oder anderen Hobbys nachgehen kann.
     
  6. Verlange nicht von dir, alles alleine machen und bewältigen zu müssen.
    Beziehe auch andere Erwachsene mit ein: etwa Familienmitglieder, Nachbarn, Lehrer/innen oder andere Eltern. Ziehe auch in Betracht, sich von Fachleuten Beratung und Hilfe zu holen.
     
  7. Informier die Schule.
    Wenn in einer Familie ein Elternteil in eine Klinik aufgenommen werden muss, sollte die Schule darüber informiert werden - vor allem dann, wenn dein Kind so belastet ist, dass es in der Schule nicht mehr so gut aufpassen kann. Wenn der Lehrer weiß, was los ist, kann er dein Kind besser unterstützen. Sag deinem Kind, dass du mit seinem Lehrer gesprochen hast.
     
  8. Akzeptier, wenn dein Kind sich jemand anderem anvertraut.
    Viele Kinder haben das Bedürfnis, mit jemand Außenstehendem zu sprechen - mit einem Onkel oder einer Tante, mit der Nachbarin oder dem Lehrer. Sie möchten vielleicht die Eltern mit ihren Sorgen nicht noch zusätzlich belasten. Es geht ihnen also nicht darum, etwas auszuplaudern. Es besteht kein Anlass, gleich misstrauisch oder eifersüchtig zu werden, wenn dein Kind mit jemand anderem spricht.
     
  9. Beanspruche professionelle Hilfe, wenn es nötig ist.
    Für manche Kinder wird die Belastung trotz allem zu groß. Sie sprechen mit niemandem, oder die Gespräche scheinen ihnen nicht zu helfen. Dann müsst ihr als Eltern euch Unterstützung holen.
     
  10. Vergiss das Allerwichtigste nicht: ein Lächeln und eine Umarmung.
    Welche Probleme auch immer bestehen - für dein Kind ist es das Wichtigste, dass du es liebst. Jeder Vater und jede Mutter drücken das auf eigene Art aus: mit freundlichen Worten, einem Lächeln oder einer Umarmung. Wenn du deine Liebe dem Kind zeigst, jeden Tag aufs Neue - das hilft über vieles hinweg!

 

(Quelle: Familien-Selbsthilfe Psychiatrie, BApK e.V.).

 

Oft kann es helfen, wenn du deinem Kind auch professionelle Hilfe von außen zukommen lässt. Beispielsweise kann eine Beratungsstelle speziell für betroffene Kinder und Jugendliche den Austausch unter den Kindern fördern. Auch Gesprächsgruppen für Familien können helfen, den ersten großen Schritt in die Kommunikation zu machen und über Gefühle reden zu können.

 

Hier einige Hilfsangebote für betroffene Kinder und deren Familie im Internet:

  • Die Beratungsstelle HPE Österreich berät Angehörige psychisch Kranker auch online: www.hpe.at
  • Die Beratungsgemeinschaft Kinder psychisch kranker Eltern (BAG KipE) hat eine Liste von Einrichtungen erstellt, die betroffenen Kindern helfen: bag-kipe.de/einrichtungen-projekte