Angst zu haben, ist nichts Schlimmes. Im Gegenteil: Angst ist nützlich. Sie bewahrt uns davor, mit der Hand auf eine heiße Herdplatte zu fassen oder uns einem wilden Löwen zu nähern. Und landen wir doch in einer gefährlichen Situation, versetzt sie unseren Körper in Fluchtbereitschaft: Der Herzschlag wird erhöht und alle Muskeln werden angespannt.
Gesund oder krankhaft?
Etwa zehn Prozent aller Deutschen geht es aber auch in völlig harmlosen Situationen so. Dann wird aus der hilfreichen Angst eine Phobie, die Betroffenen das Leben schwer macht. Experten sprechen von einer Phobie, wenn eine extreme Angst vor, objektiv betrachtet, ungefährlichen Dingen oder Situationen besteht. Beispiel: Triffst du in freier Wildnis im Thailandurlaub auf eine Giftschlange, ist deine Angst begründet und gesund. Verspürst du dieselbe Angst bei einer Schlange hinter Panzerglas im Zoo, ist es eine Phobie. Phobiker wissen meist, dass ihre Ängste nicht realistisch sind, und dennoch können sie ihre Reaktionen nicht kontrollieren. Bei vielen äußert sich die Angst körperlich durch Atemnot, Schweißausbruch, Übelkeit oder Herzrasen bis hin zu Panikattacken.
„Kleine" Phobie, große Folgen
Die Gründe für eine derart krankhafte Angst liegen oft in der Erziehung. Indem Eltern jede kleine Spinne im Haus töten, vermitteln sie ihren Kindern, dass Spinnen wirklich gefährlich sind. Durch anschließendes Meideverhalten und weitere bestätigende Situationen wird die Phobie dann über die Jahre verfestigt und immer stärker. Aber auch ein traumatisches Erlebnis oder ungelöste Konflikte, die Angst generell begünstigen, können zur Entwicklung einer Phobie führen.
Anstatt zum Arzt zu gehen, versuchen die meisten, sich mit ihrer Phobie zu arrangieren. So wird der Keller gemieden, es geht nur per Auto in den Urlaub und Treppe statt Aufzug ist ja eh gesünder. Dabei merken viele gar nicht, wie sehr ihre Phobie ihren Alltag bestimmt und soziale Beziehungen beeinträchtigt.
Selbsttherapie kann Phobie verschlimmern
Was die meisten Phobiker daran hindert, sich behandeln zu lassen, ist die Angst vor der Konfrontation. Doch keine Panik: Die Therapeut*in lauert dir in der ersten Sitzung nicht mit der Vogelspinne auf der Hand auf. Zwar ist die Konfrontation die bei Phobien erfolgreichste Methode, doch sie ist nur ein Teil einer längeren Verhaltenstherapie, die schrittweise auf die Gegenüberstellung hinarbeitet. So gehst du gemeinsam mit deiner/deinem Therapeut*in die Situation zunächst gedanklich durch und entwickeln eine Strategie, wie du künftig auf die Situation reagieren kannst. Erst wenn du genügend vorbereitet bist, wird die Therapeut*in dich an eine echte Konfrontation heranführen. Du verharrst dann solange in der angstauslösenden Situation, bis du merkst, dass die Angst schwächer wird. So erfährst du am eigenen Körper, dass die Phobie unbegründet ist und du mit der Angst umgehen kannst.
Die allzu todesmutige Konfrontation ist der wohl häufigste Fehler bei dem Versuch der Selbsttherapie. Oft führt das dazu, dass sich die Phobie noch verstärkt. Hilfreich bei Phobien, ob therapiebegleitend oder in der Angstsituation selbst, sind Entspannungsübungen wie Autogenes Training, Atemübungen oder bestimmte Klopftechniken.