Medien und Gesellschaft haben einen Hang zum Dramatischen. Doch wenn ein verlorenes Fußballspiel zum angeblichen Trauma einer ganzen Nation wird, hat das mit einem echten Trauma und seinen Folgen natürlich nur wenig zu tun. Von einem Trauma im psychologischen Sinne spricht man bei einer Belastung, die die normale Erfahrungswelt eines Menschen übersteigt und seine seelischen Belastungsgrenzen sowie die Grundfesten seines Weltbildes sprengt. Traumatische Ereignisse können Naturkatastrophen und Unfälle, aber auch absichtlich verursachtes Leid wie seelischer und sexueller Missbrauch sein. Letzteres ist meist besonders folgenschwer, da es das Urvertrauen in den Mitmenschen erschüttert. Ein traumatisches Ereignis muss nicht immer plötzlich passieren, es kann sich auch über Jahre erstrecken, wie im Fall der Vernachlässigung durch die Eltern oder bei Mobbing.
Nichts als Leere
Das Gefühl, das bei Traumatisierten bleibt, ist eines der Leere und der Hilflosigkeit. Wer auf langfristige seelische Unterstützung durch Freunde und Familie bauen kann und eher optimistisch durchs Leben geht, hat gute Chancen sein Trauma selbst zu verarbeiten. Gelingt das nicht und wird das Trauma nur verdrängt, können Folgeerkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder die besonders häufige Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) auftreten.
Die PTBS ist verantwortlich für die typischen Symptome, die viele Traumatisierte zeigen: Kleinste Schlüsselreize (Trigger) wie das Bellen eines Hundes oder das Läuten der Türklingel lassen die Betroffenen panisch zusammenschrecken und das Erlebte in Flashbacks wiedererinnern. Bestimmte Orte und Situationen werden strikt gemieden, um das Erlebte zu verdrängen. Generell sind die Betroffenen unruhig und angespannt, neigen zur Ängstlichkeit, haben Konzentrationsschwierigkeiten und schlafen selten gut.
Das Trauma raubt den Betroffenen oft jegliche Lebensfreude und verbreitet eine gefühlsmäßige Taubheit. Oft fällt es schwer, überhaupt noch aus dem Haus zu gehen. Vielleicht haben sich einige Freunde auch schon abgewandt, genervt von dem immer gleichen Thema, oder der Betroffene selbst meint gar, dass ihn oder sie sowieso niemand verstehen könne. Spätestens dann ist es Zeit für professionelle Unterstützung.
Sein Leben neu ordnen
Um aus dem Kreislauf aus sozialer Isolation und zunehmenden seelischen Problemen auszubrechen, ist professionelle Hilfe oft die einzige Lösung. Es gibt Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Psychotherapeut*innen, die sich auf Traumata oder Themen wie Unfälle oder Missbrauch spezialisiert haben.
Die/der Therapeut*in erstellt einen Behandlungsmix, der genau auf die Bedürfnisse des Betroffenen zugeschnitten ist. Der Ablauf einer Trauma-Therapie ist im Grunde immer ähnlich: Die anfängliche Stabilisierung des Betroffenen bereitet ihn intensiv darauf vor, sich dem auslösenden Ereignis in einer Konfrontation zu stellen. Das gezielte Wiedererleben im Gespräch hilft, das Erlebte im Gedächtnis zu ordnen und neu zu bewerten. Die unkontrollierten Flashbacks werden dadurch abgeschwächt und treten seltener auf. Die Reintegration in Alltag und Berufsleben bildet den Abschluss.
Eine Trauma-Therapie kann bis zu mehreren Jahren dauern und das Trauma kann immer mal wieder aufbrechen. Doch die Therapie zeigt dem Betroffenen Wege auf, um mit dem Trauma besser umgehen und letztlich abschließen zu können. Manche können aus dem Erlebten sogar gestärkt hervorgehen, indem sie ihr Leben nach einem schweren Schicksalsschlag intensiver genießen und ihre Prioritäten neu ordnen.