Fruchtwasser als erste Nahrung – so bildet sich der Geschmack im Mutterleib
Die Geschmacksentwicklung eines Menschen beginnt bereits im Mutterleib und das sogar recht früh: Bereits acht Wochen nach der Befruchtung bilden sich beim Fötus die Geschmackszellen, ab der 15. Schwangerschaftswoche haben sich dann die Geschmacksknospen entwickelt. Jetzt fängt das Kind auch an, Fruchtwasser zu schlucken. Damit beginnt auch die Prägung des Geschmackssinns – denn: Das Ungeborene isst das, was die Mutter isst. Studien belegen, dass bestimmte Essensvorlieben der Mutter sich auf das Kind übertragen. Auch spätere Abneigungen haben ihren Ursprung aus der Zeit, in der das Kind noch im Mutterleib war. So ist zum Beispiel erwiesen, dass Kinder von südeuropäischen Müttern wesentlich stärker an Knoblauch und starke Gewürze gewöhnt sind, Kinder aus Nordeuropäischen Ländern lehnen Knoblauch hingegen eher ab. Auch mit der Muttermilch überträgt die Mutter die feinen Essenzen dessen, was sie gegessen hat, auf ihr Baby. Wer also viele Gerichte mit Möhren oder Spinat isst, kann sich relativ sicher sein, dass es später damit keine Probleme geben wird. Auch aus diesen Gründen ist es wichtig, schon während der Schwangerschaft darauf zu achten, dass eine gesunde und abwechslungsreiche Nahrung überwiegt. Zu viele Süßigkeiten und potentiell Allergie erzeugende Nahrung wie beispielsweise Erdnüsse können sich später auf das Essverhalten und die Gesundheit des Kindes auswirken.
Süß ist sicher – warum Kleinkinder Saures und Bitteres ablehnen
Ist das Kind dann älter, kommen die angeborenen Instinkte hinzu: Süße Speisen etwa werden vom Kind automatisch als relativ ungefährlich eingeschätzt, da auch in der Natur süße Nahrung selten verdorben oder giftig ist, wohingegen bittere Zutaten oft als giftig oder schädlich eingestuft werden. Auch Saures wird von Kindern häufig schlechter angenommen, da vergorene oder verdorbene Speisen häufig einen säuerlichen Geschmack haben. Ab dem zweiten Lebensjahr kommt dann noch die sogenannte Neophobie hinzu: Die wissenschaftliche Bezeichnung dafür, Neues abzulehnen. Will ein Kind also auf keinen Fall die neue Zutat in der Spaghetti-Soße akzeptieren, sollte man nicht zu streng sein: Die Geschmacksnerven sind auch jetzt noch nicht voll entwickelt und die Ablehnung ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Dennoch: Aufgeben sollte man nicht zu schnell. Bis zu 17 Versuche können nötig sein, um ein Kind davon zu überzeugen, dass es die neue Speise ruhig essen kann. Auch jetzt sollte der Brei oder das Essen nicht zu stark gewürzt sein – das macht es dem Kind leichter, sich an Neues „heranzutasten“.
Esskultur – Warum wir essen, was wir kennen
Natürlich ist Essen auch ein hochgradig kulturell geprägtes Ritual. Kinder werden in eine bestimmte Esskultur hinein geboren, ihre Geschmacksvorlieben passen sich der Umgebung an. Und da macht es einen großen Unterschied, ob es in Japan, in der Türkei oder in Italien aufwächst. Aber nicht nur die kulturelle Prägung ist ausschlaggebend: Auch familiäre Traditionen und soziale Herkunft spielen eine Rolle. Omas Apfelmus weckt vielleicht in dem einen Kind wohlige Erinnerungen, während es als Erwachsener später Speisen vorzieht, die für einen bestimmten Lebensstil stehen.
Gesund ist kein Argument – Wie man Kinder an neues Essen gewöhnt
Bei aller Rücksicht auf die angeborenen und mitgebrachten Instinkte und pränatalen Prägungen – manchmal hat der Spruch: „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ durchaus seine Berechtigung. Verweigert ein Kind hartnäckig ein Essen, macht es allerdings wenig Sinn, es darauf hinzuweisen, wie gesund und nahrhaft die Zutat ist. Dieser Aspekt ist Kindern noch zu abstrakt. Der einfachere Weg ist hier der bessere: „Das ist aber lecker!“ oder „das schmeckt aber besonders gut“ sind Botschaften, die das Kind versteht und überzeugt. Aber auch hier gilt: Geduld mitbringen und im Zweifel einfach selbst vormachen, wie gut einem das Essen schmeckt.