Du bist auf eine Geburtstagsfeier eingeladen, auf der du eigentlich nur den Gastgeber kennst. Wie fühlst du dich am Abend vor der Party? Bist du neugierig darauf, was dort für Leute sein werden? Hast du vielleicht etwas Bedenken, dass du niemanden findest, mit dem du dich unterhalten kannst? Oder bekommst du gar Schweißausbrüche und Herzrasen, wenn du an den Abend denkst?
Eine gewisse Nervosität ist in so einer Situation sicher verständlich. Aber keinesfalls ein Grund, schon vorher schlaflose Nächte zu haben und dem Abend mit zitternden Händen, Herzrasen und Schweißausbrüchen entgegen zu sehen, könnte man meinen. Menschen mit einer sozialen Phobie geht es aber genau so – und das sind gar nicht so wenige: Schätzungsweise zwei bis zehn Prozent der Bevölkerung entwickeln in ihrem Leben eine soziale Phobie.
Menschen mit einer sozialen Phobie leiden unter der ständigen Angst, sich vor Anderen zu blamieren, von ihnen nicht akzeptiert oder kritisiert zu werden. Diese Angst kann in allen sozialen Situationen des täglichen Lebens auftreten: Betroffene fühlen sich z.B. unwohl, wenn sie vor anderen reden, essen oder trinken müssen – ganz zu schweigen davon, mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen. Die Angst zeigt sich auch in körperlichen Beschwerden wie Schweißausbrüchen, Herzrasen/ Herzklopfen, Erröten, zitternden Händen, Übelkeit, Schwindel oder Durchfall. Menschen mit einer sozialen Phobie meiden zunehmend solche für sie unangenehmen Situationen, was soweit gehen kann, dass sie irgendwann kaum noch ihre Wohnung verlassen.
So baust du Ängste ab
Wenn du unter einer sozialen Phobie leidest, kann dir ein*e Psychotherapeut*in helfen, deine Ängste Stück für Stück abzubauen. Die gängigsten Verfahren sind hierbei die tiefenpsychologisch fundierte Therapie und die kognitive Verhaltenstherapie.
Du kannst aber auch einiges selbst tun! Vor allem wenn deine Ängste noch nicht sehr ausgeprägt sind, können folgende Tipps zu einem angstfreieren und entspannteren Alltag verhelfen:
- Beweg dich regelmäßig – am besten an der frischen Luft
denn körperliche Betätigung wirkt antidepressiv, entspannend und angstlösend.
- Entspann deine Muskeln
Löse Muskelverspannungen, z.B. durch Massagen oder Kräuterbäder.
- Entspanne deinen Geist
Mit Entspannungsübungen kannst du dich bereits im Vorfeld für unangenehme Situationen "wappnen" – und nachher helfen sie dir, eventuell entstandene Spannungen wieder abzubauen. Gut geeignet sind dafür z.B. Autogenes Training, Tai Chi, Qigong oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.
Soziale Phobie oder nur schüchtern?
Woran erkennt man nun, ob es sich wirklich um eine soziale Phobie handelt oder vielleicht doch nur um normale Schüchternheit? Wer schüchtern ist, ist im Kontakt mit anderen (unbekannten) Menschen oft etwas befangen und wird vielleicht auch hin und wieder Situationen meiden, in denen er auf neue Leute trifft. Jemand mit einer sozialen Phobie hingegen fühlt sich in solchen Situationen nicht nur unwohl, sondern entwickelt regelrecht Ängste und reagiert auch mit körperlichen Angstsymptomen wie Zittern und Herzrasen.
Hinter beidem - sozialer Phobie und Schüchternheit - versteckt sich meist die Angst vor Ablehnung. Der Grund für diese Angst liegt in einem negativen Selbstbild: Wenn ich mich selbst schon nicht leiden kann – warum sollten mich dann andere mögen? Die eigene schlechte Meinung von sich wird dann auch von anderen erwartet. Selbst positives Feedback ändert oft nichts an dieser Einschätzung ("Das hat er doch nur gesagt, weil er nett sein wollte.").
Der wichtigste Schritt zu einem harmonischen Miteinander und vor allem einem zufriedeneren Leben ist, mit sich selbst ins Reine zu kommen: Akzeptier dich selbst und verzeih dir auch die eine oder andere Schwäche - bei anderen bist du ja schließlich auch nachsichtig. Miss also nicht in verschiedenen Maßstäben bei dir und anderen. Die Angst vor Ablehnung und Kritik durch andere wird nicht mehr so stark sein, wenn du dich selbst als wertvoll und liebenswert annimmst.
Wie du es schaffst, dich so anzunehmen wie du bist, kannst du hier nachlesen:
Quelle: ihong Lin, Iryna Struina, Ulrich Stangier: Soziale Angststörung. In: PSYCH up2date. 2014, doi:10.1055/s-0034-1369828