Diese neue Situation stellt die Angehörigen vor eine große Herausforderung und die Frage, wie es nun weiter gehen soll. Rund zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen, meist Tochter oder Ehefrau, versorgt, was auch deren Leben grundlegend verändert.
Die meisten nahen Angehörigen sehen es als Selbstverständlichkeit, ihre Eltern zu unterstützen und scheuen sich davor, ihre geliebte Mutter in ein anonymes Seniorenheim „abzuschieben". Doch spätestens, wenn die Bedürftigkeit intensiver wird, kann die Pflege schnell zur körperlichen und seelischen Belastung werden und das Leben des Pflegenden komplett vereinnahmen. Diese Situation ist für beide Seiten nicht wünschenswert. Denn einem sorgenden Angehörigen zur Last werden, möchte schließlich niemand. Deshalb ist es wichtig, die Balance zwischen Pflege und eigenem Leben zu halten und seine persönlichen Bedürfnisse nicht hinten an zu stellen.
Die Pflege eines Angehörigen kann eine äußerst sinnstiftende Zeit sein. Wichtig ist jedoch, sich trotz der zeitintensiven Pflege Freiräume für sich selbst zu schaffen. Dies kann die Ausübung einer Freizeitaktivität oder - sofern möglich - die eigene berufliche Verwirklichung sein. Denn häufig geraten die Pflegenden - zunächst unbewusst - in eine Spirale aus Überforderung, Frustration und sozialer Isolation. Dies erhöht das Risiko, selbst krank zu werden. Rund 75 Prozent der Pflegenden leiden einer Studie zufolge an Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Erschöpfungszuständen. Ein „Burnout" wird bei ihnen besonders häufig diagnostiziert.
Doch um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, gibt es einige hilfreiche Tipps, die den Angehörigen und somit auch den Pflegebedürftigen das Leben leichter machen.
Informieren
Es gibt rund 1000 konkrete Hilfsangebote für pflegende Angehörige. Meist wissen diese jedoch nicht davon. Um pflegerische Grundlagen zu erlernen, besteht der Anspruch auf Pflegekurse, die von den Pflegekassen bezahlt werden und es gibt zahlreiche Literatur zum Thema. Die Pflegekassen sorgen auch für finanzielle Entlastung, indem sie dem Pflegebedürftigen - je nach Pflegestufe - Pflegegeld zahlen. Dies ist besonders wichtig, da eine gleichzeitige Berufstätigkeit des Pflegers oft nicht möglich ist. Außerdem kann eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll sein. Eine ebenso wertvolle Hilfe können praktische Dinge wie ein Rollator oder elastische Schnürsenkel sein. Sie erleichtern dem Pflegebedürftigen den Alltag und geben ihm ein Stück Selbstständigkeit zurück.
Unterstützung suchen
Pflegende Angehörige sehen es häufig als ihre persönliche Pflicht, sich für den Pflegebedürftigen aufzuopfern und scheuen sich davor, Mutter oder Vater in die Obhut anderer zu geben. Doch das veränderte Umfeld kann für den zu Pflegenden eine Bereicherung sein und die Bindung zum Hauptpfleger sogar stärken. Professionelle ambulante Pflegedienste sind eine vertrauenswürdige Option, falls der Pfleger selbst einmal verhindert ist. Auch in der eigenen Familie oder im Bekanntenkreis findet sich sicherlich der ein oder andere, der der Aufgabe gewachsen ist und kurz einmal aushelfen kann. Eine Aufteilung der Zuständigkeitsbereiche unter Angehörigen ist auch eine gute Möglichkeit der Entlastung.
Austausch
Die Pflege naher Angehöriger bedeutet oft eine große seelische Belastung. Viele fühlen sich überfordert und unverstanden. Der Besuch einer Selbsthilfegruppe oder der einfache Austausch mit anderen Betroffenen kann oft Wunder wirken und dem Pflegenden Kraft und Anregungen geben. Adressen hierzu finden Sie in unseren Links.
Freiräume schaffen
Bewusste Auszeiten sind für pflegende Angehörige wichtig. Schon ein paar Stunden einfach mal „den Kopf frei zu kriegen", - durch einen simplen Einkauf oder den Lieblingssport - bedeutet eine große Entlastung für Körper und Geist des Pflegenden. Die Pflegekassen unterstützen eine Tages-, Kurzzeit- oder Verhinderungsbetreuung. Der Anspruch auf eine sechsmonatige unbezahlte Freistellung vom Job besteht ebenfalls. Diese Angebote sollten nicht aus falsch verstandenem Pflichtgefühl ignoriert werden. Nutze sie!
Diese Punkte sind unerlässlich, um die Zeit der Pflege für alle Seiten angenehm zu gestalten. Wichtig ist, sich nicht selbst über der herausfordernden Aufgabe zu vergessen und sich schon bevor die ersten Anzeichen von Überlastung auftreten, Unterstützung zu holen. Es ist keine Schwäche, Hilfe in Anspruch zu nehmen, im Gegenteil, es zeugt von Verantwortungsbewusstsein und guter Selbsteinschätzung.